Das Projekt GeoTief Wien vermisst die Geologie im östlichen Raum Wiens, um das Potenzial tiefliegender Heißwasservorkommen zu erforschen. Nach ersten Untersuchungen im vergangenen Jahr folgen nun detaillierte 3D-Seismik-Messungen.
Die Heißwasservorkommen könnten als Energiequellen für die Wärmeversorgung der Stadt genutzt werden und zukünftig im Idealfall hunderttausende Wiener Haushalte mit umweltfreundlicher Wärme und Warmwasser versorgen.
„40 Prozent des Energieverbrauchs bei Haushalten und im Gewerbe fällt auf den Wärmesektor. Wenn wir die CO2-Emissionen weiter massiv reduzieren wollen, dann müssen wir genau an diesem Hebel ansetzen. Geothermie bietet dafür enormes Potential. Mit der Vermessung des Untergrunds schaffen wir die Basis, um entscheiden zu können, ob und in welchem Ausmaß wir die Wärme aus der Tiefe der Erde in Zukunft auch für Wien nutzen können“, so Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung.
Für den Ausbau der Fernwärmeleitungen in der Stadt werden heuer über 2,9 Millionen Euro investiert, in die Instandhaltung der bestehenden Leitung immerhin 390.000 Euro. Für die Ertüchtigung der technischen Anlagen in den beiden Fernheizkraftwerken fließen heuer fast 1,8 Millionen Euro. Darüber hinaus sind weitere Investitionen von über 1,1 Millionen Euro vorgesehen. Die gesamt Ausgaben im Bereich der Fernwärme und Fernkälteversorgung betragen heuer mehr als 6,2 Millionen Euro.
„Das Potential der tiefen Geothermie liegt in Österreich laut Studien zwischen 450 und 700 Megawatt. Bis zu 60 Prozent davon wird Wien zugeschrieben, weil das Potential hier auch die entsprechende Zahl an Abnehmern – in unmittelbarer Nähe – verfügbar wäre. Das Forschungsprojekt GeoTief leistet wesentliche Grundlagenforschung zur Nutzbarmachung dieses Potentials und kann entscheidend zur urbanen Wärmewende beitragen“, so Theresia Vogel, Geschäftsführerin Klima- und Energiefonds.
Ab Anfang Oktober werden sogenannte Impulsfahrzeuge sechs bis acht Wochen lang im 2., 11. und 22. Wiener Gemeindebezirk sowie angrenzend in einem kleinen Teil Niederösterreichs auf insgesamt 175 Quadratkilometern unterwegs sein und Schwingungen – ähnlich Schallwellen – in bis zu 6.000 Meter Tiefe schicken. Die Schwingungen werden reflektiert und von Sensoren aufgezeichnet. Aus diesen Daten kann dann erstmals ein präzises geologisches 3D-Modell des Wiener Untergrunds erstellt werden, welches Informationen über die Lage und Größe von potentiellen wasserführenden Gesteinsschichten liefert.
Wesentliche Expertise kommt bei der Planung und Durchführung der Messungen vom Kooperationspartner OMV. „Wir führen seit vielen Jahrzehnten erfolgreich seismische Messungen durch und können hier unsere Erfahrungen weitergeben. Gleichzeitig arbeiten wir mit Wien Energie zusammen, um Synergien bei den aktuellen Messungen zu nutzen und gemeinsam unsere Erkenntnisse über den Untergrund im Raum Wien zu erweitern“, so Reinhard J. Oswald, Geschäftsführer von OMV Austria.
Während der 3D-Seismik-Messungen von GeoTief Wien werden rund 50 Terabyte Daten gesammelt werden. Diese enorme Datenmenge wird anschließend mit modernster Rechnertechnik und dem Fachwissen von Experten wissenschaftlich ausgewertet und mit bisher bekannten Daten zusammengeführt. Es entsteht so ein Abbild der geologischen Schichten im vermessenen Gebiet.
Karl Gruber, Wien Energie-Geschäftsführer: „Aufgrund der hohen Komplexität der geophysikalischen und geologischen Analysen wird dieser Prozess etwa zwei Jahre dauern. Wir arbeiten hier eng mit den unterschiedlichen GeoTief-Partnern zusammen. 2021 werden wir dann die Ergebnisse der Forschung präsentieren können.“
Der gesamte Prozess der Messungen läuft für die Öffentlichkeit transparent ab. Die Bevölkerung wird laufend vor Ort informiert. Vor Beginn der Messungen wird das Gelände, auf dem die Erkundungen stattfinden, markiert. Danach werden spezielle kabellose Sensoren, sogenannte Geophone, ausgelegt. Mehrere kleine Wanderkonvois aus je drei Impulsfahrzeugen ziehen – begleitet von der Verkehrssicherung – durch das Messgebiet. Alle 20 Meter stoppt der Konvoi zur Messung.
Durch die Konvois der Impulsfahrzeuge kann es zu kurzfristigen Verkehrsbehinderungen kommen, vergleichbar mit der vorübergehenden zeitlichen Beeinträchtigung durch Müllfahrzeuge. Wenn man in der Nähe ist, werden Betriebsgeräusche der Erkundungsflotte zu hören sein, ähnlich wie das bei kleineren Bauprojekten vorkommen kann. Die Schwingungen durch die Impulsfahrzeuge sind nur im engeren Umkreis zu spüren.
Im Februar und März 2017 wurden die ersten Messungen für GeoTief Wien durchgeführt. Auf zwei Strecken wurde eine Länge von insgesamt 26 Kilometer zwischen der Donaustadt und Groß-Enzersdorf bzw. Raasdorf gemessen. An den Messlinien wurden 2.600 Messgeräte – so genannte Geophone oder Erdmikrophone – ausgelegt. Es wurden über 60 Kilometer Kabel zur Verbindung der Geophone ausgelegt. Die Impulsfahrzeuge haben in 24 Tagen insgesamt 1.600 Einzelmessungen durchgeführt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bei der Planung, Durchführung und Auswertung der Messungen bilden eine wesentliche Grundlage für die jetzt beginnende 3D-Seismik.
GeoTief Wien ist ein Energie-Forschungsprojekt von Wien Energie gemeinsam mit AIT, Geologische Bundesanstalt, Geo5, Heinemann Oil (HOL), Montanuniversität Leoben OMV, RAG Austria AG, Universität Wien, Universität Salzburg und Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).
Quelle: GeoTief Wien