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17.07.2020

Kühlung aus dem Donaukanal

Burkhard Hölzl

Fernkälte: Abwärme der Müllverbrennung wird zur Klimatisierung genutzt.

Der Abgang am Wiener Schottenring sieht aus, als würde er zu einer Parkgarage führen. Nach zwei Türen findet man aber keine Autos, sondern einen lauten Maschinenraum. Es dominieren dicke Rohre und teils mehrere Meter hohe Kessel. Hier stellt Wien Energie Fernkälte her. Ein Missverständnis ist schnell aufgeklärt: Fernkälte ist nicht einfach umgedrehte Fernwärme. Sie braucht eigene Leitungen. Der Grund ist einfach: Genauso wie Wärme, etwa in der Form von Warmwasser, auch im Sommer nachgefragt wird, brauchen manche Kunden auch Kälte ganzjährig, etwa für Großküchen und Kühlräume.

Kältemaschinen

„Meine Lieblingskältemaschine ist gar keine“, ruft Fernkälte-Leiter Burkhard Hölzl über das Maschinendröhnen hinweg. Es handelt sich um einen Wärmetauscher. Wasser aus dem nahe gelegenen Donaukanal wird genützt, um Metallplatten zu kühlen. Diese wiederum senken die Temperatur eines separaten Nutzwasserkreislaufes. Im Prinzip liefert Wien Energie ihren Kunden also kaltes Wasser. Diese benützen wiederum Wärmetauscher, um die Kühlleistung in ihre Klimasysteme zu übertragen.

Im Winter ist das Wasser des Donaukanals so kalt, dass alleine damit ein Grundbedarf gedeckt werden kann. Wenn die Temperaturen steigen, kommen die besagten Kältemaschinen zum Einsatz. Am Schottenring stehen davon fünf Stück. Drei davon funktionieren „wie ein Kühlschrank“, erklärt Hölzl, zwei weitere werden mit thermischer Energie betrieben, also vor allem mit der Abwärme der Müllverbrennung. Zur Rückkühlung des erwärmten Wassers wird wiederum der Donaukanal genützt. Um die Fische müsse man sich dabei aber keine Sorgen machen, beruhigt der Techniker. Dem Kanal werde maximal ein Hundertstel seiner Durchflussmenge entnommen und um maximal zehn Grad erwärmt wieder eingeleitet.

50.000 Klimaanlagen

Bislang bestehen in Wien fünf Kältezentralen, eine sechste ist derzeit am Stubenring in Bau. Weitere 13 kleinere, dezentrale Lösungen versorgen einzelne Kunden. Insgesamt produziert das Unternehmen 130 Megawatt Kälteleistung. Das entspricht etwa 50.000 herkömmlichen Klimaanlagen. Allerdings spart die Fernkälte mit ihren großen Maschinen gegenüber diesen etwa 70 Prozent des Energieeinsatzes und 50 Prozent des C02-Ausstoßes ein. Für die Kunden seien die Kosten mit denen einer herkömmlichen Klimatisierung vergleichbar, je nach konkretem Bedarf vielleicht auch niedriger, so Hölzl. Klare Vorteile sieht Wien Energie in den frei bleibenden Dachflächen und der Konformität mit dem Denkmalschutz.

Auch wenn man es heuer bislang nicht merkt, Wien hat ein Hitzeproblem. Deswegen ist man bei Wien Energie zuversichtlich, dass der Markt für die Fernkälte in den kommenden Jahren wachsen wird. Das Angebot richtet sich vorrangig an Businesskunden, insbesondere in Neubaugebieten, bei Großsanierungen oder zur Umrüstung bestehender Klimasysteme. Etwa ein Drittel davon ist öffentlich, schätzt Hölzl, dazu gehören etwa Spitäler. Unter den privaten Kunden sind Hotels, Bauträger oder auch Betreiber von Bürogebäuden.

Für Interessierte findet am 23.7. eine Führung statt, Anmeldung bis 17.7. bei Wien Energie.

Quelle: Kurier / Martin Meyrath

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